Denk mal! Im Juni 2016...

„Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“ (1. Petr. 5, 7)
Liebe Gemeinde, es gibt Tage, da habe ich den Eindruck, dass alles auf einmal kommt. Der Terminplan ist prall gefüllt, die Wäsche wartet darauf gewaschen zu werden und irgendwie muss ich es schaffen, am Nachmittag zum Elternsprechtag in der Schule zu sein.

Da macht sich Alltagsstress breit in meinem Leben und droht mir die Luft zum Atmen zu nehmen. Gelassen bin ich jetzt erst recht nicht und in mir wächst die sehnsuchts-volle Frage, wie es wohl ohne diese Verpflichtungen wäre, die wie eine Last auf mir liegen. Sind das Fluchtgedanken oder bin ich einfach urlaubsreif? Mal ehrlich, ist es Ihnen nicht auch schon so oder so ähnlich ergangen?

Ich bin mir sicher, dass viele von Ihnen dieses Gefühl kennen, bis an die Grenzen der eigenen Belastbarkeit geführt zu werden und manchmal sogar darüber hinaus. Wenn jetzt noch ein lieber Mensch krank wird oder der Arbeitsplatz des Partners in Gefahr ist, dann bäumen sich die harten Tatsachen des Lebens wie eine gewaltige Wolkenwand auf, die nichts Gutes verheißt. Sturm steht ins Haus, werden wir ihm standhalten? Oder wird das eigene Leben plötzlich durcheinander gewirbelt, droht die Gefahr, dass nichts mehr von dem übrig bleibt, was bisher wert und wichtig war?

In solch einer Situation brauche ich ein Wort von außen, ein helfendes Wort. Ich brauche ein Wort, das mich retten und von der Last befreien und erlösen kann. Dieses Wort ist von besonderer Qualität und ich kann es mir nicht selber sagen.

Im 1.Petrusbrief finde ich solch ein Wort. Dort heißt es: „Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“ (1. Petrus 5, 7)

Was als Trostwort für die angefochtene junge christliche Gemeinde gemeint war, erreicht mich in meinem Alltag ganz unmittelbar. Alle Sorge soll ich wegwerfen, kann ich abladen, vertrauensvoll in andere Hände geben. Das klingt so verlockend. Aber wie soll das gehen? Wie kann ich loslassen, was mich doch fest im Griff hat? Wie kann ich es abgeben, übergeben an Gott? Wie kann ich es ihm zumuten und mich ganz seinem Sorgen anvertrauen?

Ich kann es und darf es tun auf eine ganz althergebrachte Weise. Ich darf mich einreihen in die langen Ketten der Generationen vor mir, die ihr Leben auch Gott ganz anvertraut haben und darf Worte der Tradition zu meinen eigenen machen. Ich darf mich im Gebet an Gott wenden, mich bergen in den schützenden Formulierungen der Altvorderen. Und ich darf darüber staunen, welchen Reichtum und welche Weisheit ich in den bekannten Gebeten finde. Das Vaterunser, der 23. Psalm, Gebet gewordene Liedverse, all das darf ich mir zu Eigen machen und indem ich es tue, meine Sorgen loslassen, meine Ängste aussprechen und mich zugleich getragen fühlen von unserem bergenden Gott. Wenn ich Kindern das Beten erkläre, dann sage ich einfach: „Beten, heißt reden mit Gott“. Ich darf mit Gott über alles reden, über die schönen Dinge des Lebens und gerade auch über das, was ich als Sorgen, Ängste und Lasten in meinem Alltag erfahre. Gott ist nichts fern und kein Gebet zu mühsam. Ich denke, dass er sich über aufrichtige Gebete freut und auf wundersame Weise immer zugewandt bleibt.

Der evangelische Theologe und Pfarrer Dietrich Bonhoeffer hat einmal geschrieben: „Die Kraft des Menschen ist das Gebet. Beten ist Atem holen aus Gott, beten heißt, sich Gott anvertrauen.“

Und da ist er ganz nah bei dem, was der biblische Vers aus dem 1. Petrusbrief uns ans Herz legt. Wir dürfen unsere Lasten und Belastungen bei Gott im Gebet abgeben, weil er selbst für unser Leben sorgt. Diesen Glauben mitten im Alltag, in der tiefen Diesseitigkeit des Seins zu leben, bedeutet für Bonhoeffer beten und sich im Gebet stärken zu lassen für den Alltag. Denn nirgendwo sonst ist uns Gott so nah, wie dort, wo wir ihn dringend nötig haben.

Ich wünsche Ihnen eine erholsame Sommerzeit und schöne Ferien.

Ich wünsche Ihnen eine Zeit, um neue Kräfte zu tanken, gute, sonnige Bilder für den kommenden Herbst zu sammeln und hoffentlich viele gute Gelegenheiten, um mit Gott ins Gespräch zu kommen.

Herzlichst
Ihre Pfarrerin Dr. Yvonne Brunk