Text Andacht                     

Andacht zum Sonntag Exaudit am 24.5.2020
Gedanken zu Jeremia 31,33b Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.

Die Gnade unseres Herrn JC und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Hl. Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde,

ich bin Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul aus Kerpen. Auch heute gibt es einen Gruß von uns für Sie zuhause.

Wir haben den Sonntag Exaudi, das bedeutet „Höre!“  Der Name bezieht sich auf Psalm 27, wo jemand zu Gott betet: „Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe!“

Eindringlich und flehend klingt das. Großer Druck, große Not wollen sich Ausdruck verschaffen und bitten: „Hör mir doch mal zu!“

Das Bedürfnis, gehört zu werden ist heute bei vielen Menschen groß. Gelebt wird das sehr unterschiedlich:

Dass man bei vertrauten Menschen unbefangen darauf los redet, finde ich völlig normal Es ist schön und lebendig. Aber es gibt so ein Reden, das wie eine Einbahnstraße ist.  Sie kennen das bestimmt:  Bei manchen Personen weiß man im Grunde schon vorher, wie das Gespräch ablaufen wird. Kaum ist ein Stichwort gefallen, hakt der andere ein und erzählt ausführlich von sich – ohne aufzuhören.

Ist man dann vom Redestrom völlig erschöpft, bedankt sich der andere für das gute Gespräch, - oder bemerkt sogar vorwurfsvoll: Du hast ja gar nichts von Dir gesagt! 

Manchmal macht mich so etwas sauer, weil ich mich benutzt fühle. Gleichzeitig denke ich: Gerade hier äußert sich eine besondere Not. Der Redende sucht nach Nähe, aber bleibt einsam, da kann er erzählen, so viel er will.  Vielleicht sind ja die zahlreichen Blogs und Youtube- Kanäle unheimlich mitteilsamer Leute im Grunde nur Ausdruck einer großen Unverbundenheit. Weil einem keiner wirklich zuhört. Und weil man selbst auch nicht weiß, wie das geht, jemanden zuhören.

Denn eigentlich gehört zu einer echten Begegnung beides: Mitteilen und Zuhören, wobei letzteres bei uns Menschen vielleicht noch nötiger ist und mehr geübt werden muss.

In der Bibel sind Reden und Hören ganz grundlegend: Es ist nämlich die Grundbewegung Gottes hin zur Schöpfung und der Schöpfung hin zu Gott.

Das fängt schon in der Schöpfungsgeschichte an: Gott spricht: Es werde Licht und es ward Licht. Erde, Gestirne, Pflanzen und Tiere, sie alle kommen durch Gottes Ruf ins Dasein. Ihre Existenz ist die gelebte Antwort auf Gottes Anrede. Und wir Menschen haben die besondere Gabe mit Gott ins Zwiegespräch zu treten. Diese Fähigkeit ist Teil unserer Ebenbildlichkeit und spiegelt sich wider in der zwischenmenschlichen Begegnung. Deshalb sagt Paulus, dass die Liebe das Geschehen ist, in dem wir Gottes Wirklichkeit unmittelbar erleben.

Das Gespräch ist Ausdruck der Beziehung. Ob mit Gott oder mit anderen Menschen. Dabei ist ein gutes Maß von Reden und Hören ist kennzeichnend dafür, dass die Beziehung stimmt.

Mir fallen dazu meine eigenen Eltern ein. Sie waren sehr diskussionsfreudige Menschen. Aber sie konnten stundenlang im selben Raum sein, ohne ein Wort zu sprechen.

Wenn echte Nähe da ist, dann findet man Worte, so wie es nötig ist. Manchmal sagt man sich ganz banale Dinge wie „Es soll regnen, nimm die Jacke mit.“ Manchmal muss man ein schwieriges Thema ansprechen und ringt um die passenden Worte. Aber man muss nicht mit Gerede eine künstliche Nähe herstellen. Es gibt ja eine Herzensnähe.

Herzensnähe fällt aber nicht vom Himmel. Sie wächst im gegenseitigen Hören und Mitteilen.  Erinnern Sie sich selbst, wie bei Ihnen einmal eine Freundschaft oder eine Liebe begonnen hat! Die Bereitschaft dem anderen zuzuhören war groß. Wunderbar, wenn man sich das bewahrt.

Und so ist es auch mit der Beziehung zu Gott. Wobei wir an ihr sehen können, dass Herzensnähe vielleicht doch ein Stück weit vom Himmel fällt. Am Donnerstag war Christi Himmelfahrt. Dabei ging es darum, dass Jesus weggeht, aber doch im Herzen nahe bleibt. Er verspricht sogar in Zukunft durch den Geist, der kommen wird, nochmal neu und tiefer nah zu kommen.

Jesus zeigt uns, wie sehr es in der Beziehung zu Gott und auch zu den Mitmenschen auf die innere Verbindung ankommt.

Im Predigttext für diesen Sonntag, in Jeremia 31, verheißt Gott, das Gespräch mit uns Menschen auf neue Füße zu stellen: Er sagt in Vers 33 „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein.“ V. 33b).  Wir hören:

Gott schafft Nähe, indem er uns nimmt, wie wir sind.
Er hört hinter dem vielen Reden das echte Bedürfnis.
Er antwortet darauf mit klaren und einfachen Worten.
Und zu Pfingsten sagt er: Das könnte ihr auch. Ihr seid mir doch ähnlich, alle!

Jetzt in Corona-Zeiten, wo man überall auf Abstand achten muss, wird einem bewusst, wie kostbar Gelegenheiten der Nähe sind. Nehmen wir dies als Anstoß, die gottgegebene Möglichkeit des Gesprächs sorgsam zu gebrauchen: Üben wir uns im Zuhören; teilen wir das Nötige mit, nicht das Unnötige, lassen wir uns auf Herzensnähe ein. Amen.

Gebet:

Gott, du siehst ins Verborgene                  
und hörst die lauten und die leisen Rufe.
Wir bitten dich um den Pfingstgeist,        
den Geist des Verstehens,                           
der Raum hat für alle.

Gib den Wortreichen Geduld zu schweigen.
Gib den Bescheidenen Mut zu reden.
Gib uns allen offene Ohren um zu hören.

Amen.