Denk mal! Im Juni 2024...

„Der Herr heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.“ (Ps.147,3)

Liebe Gemeinde,

in diesem Psalmwort begegnen wir einer der trostvollsten Zusagen, die der Psalter, das Gebetbuch der Bibel, für uns bereithält.

Es ist ein kraftvolles Wort, dem wir in sommerlichen Tagen, in denen wir eine große innere Spannung aushalten müssen, begegnen. Auf der einen Seite zeigt uns die Natur ihre Schönheit in vielen Facetten und zugleich lassen uns auf der anderen Seite die vielen Kriege und Krisenherde an der Menschlichkeit der Menschen zweifeln. Wir leben in einer zutiefst zerrissenen und „verrückten“ Welt. Dass diese Welt nach Erlösung seufzt, wie es Paulus im Römerbrief schreibt (vgl. Röm.8,18ff), wird uns mit jedem Schrei der Kreatur, eines leidenden Tieres, eines leidenden Menschen und der Natur selbst, deutlich.

Das Leben auf dieser Erde ist gefährdet und bedroht. Und die Frage, wie wir dennoch an der Hoffnung zum Leben festhalten, stellt alle vor große Herausforderungen. Da klingt das alttestamentliche Psalmwort für die, die sich dieser Spannung bewusst sind, fast wie eine Zumutung.

„Der Herr heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.“

Ich höre in der Aussage eine kraftvolle Zusage, Bekenntnis im Rückblick auf erfahrene göttliche Hilfe und Versprechen für ein ganzes Leben. Und doch bleiben die berechtigten Fragen im Raum: Ist diese Rede von Gott angesichts des Leides in der Welt nicht fehl am Platz? Wie kann jemand so von Gott reden?

Ich denke, es ist die Gotteserfahrung des Psalmbeters, die ihn dazu veranlasst, Gott als Helfenden und Heilenden zu beschreiben. Da hat einer selbst am eigenen Leib erfahren, dass Gott ihm Gutes getan hat in der Not. Da hat einer mitbekommen, wie Menschen in seinem Umfeld in Gott den Grund ihrer Heilung erlebt haben. Und er macht aus dieser Erfahrung einen Glaubenssatz, den er anderen als Lebenshilfe anbietet. Es ist der Glaube des Betenden, kein dogmatischer Lehrsatz einer machtorientierten Institution. Das macht ihn vielleicht so nachvollziehbar, so einladend, so glaubhaft. Und es tut sich den Hörenden ein Bild auf. „Der Herr heilt…“

Wie ein Arzt wendet Gott sich den Menschen zu, die seine Hilfe nötig haben. Dabei geht seine Hilfe in zwei Richtungen: er wendet sich Leib und Seele zu. Und indem er Psyche und Physis in den Blick nimmt, sieht er den ganzen Menschen in seiner Bedürftigkeit.

Wer ein zerbrochenes Herz hat, der leidet nicht nur unter kardiologischen Beschwerden, die mit einem EKG messbar sind. Wer ein zerbrochenes Herz hat, der ist in seinem Leben, in seinem Sein zutiefst erschüttert. Das lebenserhaltende Organ, auf das er sich wie selbstverständlich verlassen hat, arbeitet nicht mehr. Wer an einem zerbrochenen Herzen leidet, der weiß etwas von zerbrochenen Träumen und Lebensplänen zu erzählen, auch von Enttäuschungen, die ihm Menschen und Lebensumstände bereitet haben. Wer an einem zerbrochenen Herzen leidet, ist nicht selten dem Tode sehr nahegekommen. Das ist eine große existentielle Krise. Und legitimer Weise fragen wir: Wer sollte da schon helfen können?

An dieser Stelle nun traut sich der Psalmbeter zu bekennen: „Der Herr heilt, die zerbrochenen Herzens sind.“ Wie er das tut, wird nicht unmittelbar benannt. Doch dass er es erfolgreich getan hat, diese Erfahrung steckt untrennbar hinter der tröstlichen Aussage. Gott heilt das Herz und die Seele des Menschen spürbar. Das macht Hoffnung und eröffnet eine Zukunft.

Alles, was wir heute von Psychologen oder Therapeuten erhoffen, hat er schon längst getan, bevor es diese Berufe gab.

Und indem er auch die körperlichen Wunden verbindet, erweist er sich als pflegender Arzt.

Liebe Gemeinde, es tut gut, sich an diese heilenden Seiten Gottes zu erinnern, denn was von ihm gesagt ist, dürfen wir auch für unser Leben erhoffen. „Der Herr heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.“

Ich wünsche Ihnen eine gute Sommerzeit mit vielen heilsamen Momenten!

Ihre Pfarrerin Dr. Yvonne Brunk