Denk mal! Im September 2024...

„Der Himmel freue sich, und die Erde sei fröhlich, das Meer brause und was darinnen ist; das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist; jauchzen sollen alle Bäume im Walde vor dem Herrn; denn er kommt.“ (Ps.96,11-13a)

Liebe Gemeinde,

wenn der Sommer ins Land gezogen ist und der Spätsommer mit allen seinen Schönheiten in die Gärten, Felder und Wälder einzieht, wird es Zeit für die Ernte. Und wer würde sich nicht an Fontanes Gedicht über den Birnbaum eines gewissen Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland erinnern? Da wird dem Birnbaum literarisch ein Andenken gesetzt, Zeichen der Großzügigkeit des verstorbenen Herrn von Ribbeck. Ich sehe die wunderbare Birne immer vor meinem geistigen Auge und schmecke sie förmlich süß und saftig, sämtliche Lebensgeister weckend und stärkend, wenn ich das Gedicht höre.

Bäume gehören zu den stillen Freunden des Menschen. Fest verwurzelt wachsen sie von ihrem Standort aus dem Himmel entgegen. Sie spenden Schatten in sommerlicher Hitze, reinigen die Luft, die wir zum Atmen brauchen, und ihr Holz dient uns als idealer Baustoff.

Schon das alte Testament kennt den fruchttragenden Baum der Erkenntnis im Paradies, von dem Eva ihrem Mann Adam zu essen gab. Da sie damit gegen Gottes ausdrückliches Verbot verstießen, war die gute Zeit der paradiesischen Leichtigkeit dahin. Von nun an hieß es, im Schweiße des Angesichtes sein Brot zu erarbeiten und unter Schmerzen die Kinder zu gebären. Aber die Fähigkeit, gut und böse zu unterscheiden, also ein ethisches Urteil fällen zu können, haben wir Menschen damals aus dem Paradies mitgenommen. Und eine positive Hinwendung zum Baum an sich auch. So wird er vom Beter des ersten Psalms als Sinnbild für den Lebensweg des gottesfürchtigen Menschen genutzt, wenn er sagt: „Der ist wie ein Baum gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zur rechten Zeit und seine Blätter verwelken nicht. Alles, was er tut, gerät wohl.“ (Ps.1,3)

Später wird sogar die Hoffnung auf neues Leben, wie sie uns in Jesus begegnet, mit dem Baum in Verbindung gebracht, wenn das Holz seines Kreuzes bildlich gesprochen zum Lebensbaum für viele wird. Das ist ein großartiger Brückenschlag von der Paradiesgeschichte am Anfang der Schöpfung hin zur Hoffnung auf die Vollendung in Gottes ewigem Reich.

Der diesjährige Schöpfungstag, den wir am 6. September feiern, nimmt das jubelnde Wort aus Psalm 96 auf, um unseren Blick auf die Schönheit der Schöpfung zu lenken.

„Jauchzen sollen alle Bäume im Walde vor dem Herrn…“ Das mag für den technokratisch orientierten Zeitgenossen zunächst einmal etwas naiv klingen. Doch wo der Agnostiker nur Natur sieht, da erkennt der Christenmensch Gottes Schöpfung. Und wo der Fatalist nur Zerstörung und Endzeit wittert, verkünden Christen-menschen die Verantwortung als Geschöpf in eben dieser wunder-baren Schöpfung, die Gott gemacht hat.

Und wer einen Baum oder auch einen Wald aufmerksam betrachtet, der mag wohl aus dem Staunen nicht herauskommen.

So schreibt Professor Martin Welp von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde: „Bäume, Wälder, Wald-landschaften – wie einzelne Menschen in sozialen Gruppen verschiedener Größe komplexe Systeme bilden, so bilden sich aus einzelnen Bäumen komplexe Ökosysteme wie wir sie in Deutschland kennen (Buchenwälder, Eichenmischwälder, etc.). Die Wissenschaft hat vieles über diese Komplexität herausgefunden. Es bestehen aber auch noch viele Wissenslücken und Unsicherheiten: Wie werden sich Wälder im Zuge des Klimawandels und des Biodiversitätsverlusts ändern oder werden sie überhaupt bestehen bleiben können?

Wie können die Bäume des Waldes jubeln? Ist das Jubeln der Bäume im Wald eine besondere Kommunikationsform über Mykorrhiza-Netzwerke oder bleibt es ein sprachliches Bild?“

Das Forschen und das Staunen sind noch lange nicht an ein Ende gekommen. Gott sei Dank! Es ist noch viel Raum da für eine kreative Beschäftigung mit den Herausforderungen unserer Zeit, aber auch für die staunende Freude an den Zusammenhängen in der Natur. Gott hat alle Dinge weise gemacht und die Erde ist voll seiner Güter.

Da kann sich einem das Jauchzen der Bäume schon mal bei einem Spaziergang im Garten oder Wald erschließen. Wenn der Wind sanft in den Kronen säuselt, dann klingt das Jauchzen vielleicht, als ob der alte Herr von Ribbeck ruft: „Komm man rüber. Ick geff Dir en Beern.“

Liebe Gemeinde, ich wünsche Ihnen in diesem Spätsommer und Herbst viele schöne Gelegenheiten, sich an den Geheimnissen der Natur zu freuen und in das Lob des Waldes mit einzustimmen.

Herzlichst

Ihre Pfarrerin Dr. Yvonne Brunk